2006, Installation in der Englischen Kirche Meiringen
Material: Folien, Gartengerät aus Kunststoff, Gräser, Stahlseil
Es ist ein tapferer kleiner Bau, die Englische Kirche in Meiringen. Halb Chalet, halb Kapelle, steht sie etwas verquer in Zeit und Raum. Sie ist freundlich zu Sherlock Holmes und still in ihrem Innern. Und dieses Innere, dieser kirchliche Raum hat mich berührt, mich zum Fantasieren angeregt. Ich dachte an seine vormaligen Besucher, die englischen Touristen, die zu Hause ganz wunderbare Kathedralen haben. Die vielleicht betend vor ihrem inneren Auge mehr sahen als ihnen die Englische Kirche bieten konnte. Und ich meinte den Raum seufzen zu hören: einmal Kathedrale sein. Das soll sie nun für kurze Zeit sein, die Englische Kirche: eine Kathedrale. Säulen soll sie bekommen und einen veritablen Altar. Mit meinen Materialien, vorwiegend Plastikfolien, schaut das vielleicht ein wenig wie verkleidet aus. Aber was spielen Kinder lieber als «verkleiderle»? Einmal jemand anderes sein. Tun als ob. Säulen seien Bauglieder mit Stützfunktion, las ich. Meine sind so gesehen keine, haben aber alles was es für ihresgleichen braucht: eine Basis, einen Schaft und ein Kapitell. Und sie können viel: den Raum gliedern, erleuchten, durchscheinen, müssen nicht tragen, können schwingen und rascheln und dürfen mit ihren roten Pompons ein wenig kokett sein. Aber auch sie führen unsere Blicke von der Erde in den Himmel.
Der Altar ist mir so unter den Händen weg enstanden. Er hat alles was mir lieb ist: meine Sauger, meine Folien und die Gräser, die mir Meiani in Bali sorgfältig zugeschnitten hat. Ein wenig ist der Altar gedacht für all die millionen Gräser, die bei der letztjährigen Naturkatastrophe um Meiringen verschüttet wurden.